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Vorsorge:
Pflege- und
Krankheitsfall

Es ist ratsam, wenn man „noch voll im Saft steht“, sich Gedanken darüber zu machen und Maßnahmen zu treffen für den Tag, an dem das nicht mehr so wäre.

Hier geht es sich also nicht um Schenkung oder Testament, sondern um Ihren Schutz (oder den Ihrer minderjährigen Kinder) bei Entscheidungs-, Handlungs- und/oder Geschäftsunfähigkeit.

In all diesen Fällen können Sie nicht mehr Ihren Willen ausdrücken. Jemand anderes muss dies also an Ihrer Stelle tun.

Sorgen Sie dafür, dass es die Person Ihrer Wahl ist!

Schutzmaßnahmen für folgende Situationen stehen im Raum:

Geschäftsunfähigkeit

Geschäftsunfähigkeit bedeutet, dass der physische oder psychische Zustand einer Person ihr nicht mehr ermöglicht, ihre Angelegenheiten (Banken, Steuern, Mietsituation, An- oder Verkauf usw.) eigenständig zu regeln.

Wenn man nicht vorsorgt, wird in solch einer Situation der Friedensrichter einen Vermögensverwalter einsetzen. Das ist der sogenannte „gerichtliche Schutz“. Der Friedensrichter wird mit dem Umfeld der betroffenen Person sprechen um ggf. dort einen geeigneten Vermögensverwalter zu finden. Sollte er dort nicht fündig werden, wird er eine externe Person (z.B. Rechtsanwalt) als Vermögensverwalter bezeichnen.

Es kann also unter Umständen jemand bezeichnet werden, den ich lieber vermieden hätte. Selbst „wenn es den Richtigen trifft“ ist der gerichtliche Schutz für den Verwalter mit Aufwand verbunden, u.a. müssen dem Friedensrichter jährliche Berichte über die Verwaltung hinterlegt werden.

Wie kann ich vorsorgen?

ENTWEDER kann ich vor Notar oder dem Friedensrichter hinterlegen, wer, sollte ich geschäftsunfähig werden, als mein Vermögensverwalter eingesetzt werden soll (= Präferenzerklärung).

ODER ich kann bei einem Notar eine „außergerichtliche“ (im Gegensatz zum „gerichtlichen“ Schutz des Vermögensverwalters) Vollmacht unterzeichnen. Diese Vollmacht kommt erst mit meiner Geschäftsunfähigkeit zum tragen und gewährleistet, dass die Person, der ich vertraue, sich bei Geschäftsunfähigkeit um meine Angelegenheiten kümmert, und dies ohne jährlich Bericht beim Friedensrichter ablegen zu müssen.

Vormund für Kinder bei Vorversterben der Eltern

Die Eltern üben die sogenannte „elterliche Autorität“ (d.h. Entscheidungsgewalt) über die Person und das Vermögen ihrer minderjährigen Kinder aus. Ob sie geschieden oder verheiratet sind (oder nie waren), ändert daran nichts. Wenn ein Elternteil verstirbt, übt der andere die Entscheidungsgewalt automatisch alleine aus.

Wenn jedoch beide Elternteile versterben muss ein Vormund für die minderjährigen Kinder bezeichnet werden.

Diese Aufgabe fällt in den Verantwortungsbereich des Friedensrichters.
Sie haben jedoch die Möglichkeit zu Ihren Lebzeiten eine Präferenzerklärung beim Friedensgericht oder bei Notar zu hinterlegen, oder aber diese Präferenz in Rahmen Ihres Testaments mit aufzunehmen.

Patientenverfügung

Durch die Unterzeichnung einer Patientenverfügung wird eine Vertrauensperson eingesetzt, die die Patientenrechte einer Person ausüben wird, sollte diese nicht mehr imstande sein, ihren Willen selbst zu äußern.

In Ermangelung der Einsetzung von Vertrauensperson(en) wird der behandelnde Arzt die Behandlung – unter Berücksichtigung des Arztgeheimnisses – mit den engsten Familienmitgliedern besprechen (zuerst Partner, dann erwachsene Nachkommen, dann Geschwister) bzw. mit dem Verwalter, der ggf. diesbezüglich durch Gericht eingesetzt wurde.

Die Patientenverfügung ermöglich jedoch nicht nur die Einsicht in die Krankenakte und das Einholen von Informationen von behandelnden Ärzten über Untersuchungen, Therapien und Eingriffe, sondern auch das Ausüben der Entscheidungsgewalt hinsichtlich sämtlicher Bereiche der Gesundheitsfürsorge und Heilbehandlung, insbesondere bei der Abgabe von Einwilligungserklärungen zu Behandlungen (u.a. Untersuchungen und Operationen), einschließlich lebensverlängernder Maßnahmen oder deren Verweigerung.

Die Patientenverfügung kann allgemein gehalten werden oder nur gewisse Fragen abdecken. Außerdem können Richtlinien durch den Vollmachtgeber erteilt werden.

Es kann also mit einer Patientenvollmacht z.B. erreicht werden, dass der Bevollmächtigte – im Sinne des Vollmachtgebers und immer in Absprache mit den Ärzten – die Verabreichung jeder notwendigen Menge an Medikamenten anordnet, die erforderlich ist, um den Be- troffenen von Schmerzen und großer Belastung zu befreien, selbst falls dadurch unvermeidbare Nebenwirkungen eintreten würden, die eventuell den Eintritt des Todes beschleunigen würden.

Die Patientenvollmacht kann privatschriftlich, d.h. außerhalb von jeglicher notarieller Urkunde getätigt werden. In der Praxis möch- ten die Betroffenen diese Willensäußerung jedoch häufig notariell beurkunden lassen, u.a. um der Möglichkeit einer Unterschrifts- anfechtung aus dem Weg zu gehen.

Euthanasie

Im belgischen Recht ist aktive Sterbehilfe (d.h. Euthanasie) seit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 28. Mai 2002 unter Berücksichtigung eines strikt definierten rechtlichen Rahmens erlaubt.

Der Betroffene muss folgende Bedingungen erfüllen, um für ein Euthanasieverfahren infrage zu kommen:

  • Sich in einer ausweglosen medizinischen Situation befinden.
  • Einem konstanten, unerträglichen und nicht zu lindernden physischen und/oder psychischen Leiden ausgesetzt sein.
  • Dieses Leiden muss aus einem Unfall oder einer schlimmen und nicht heilbaren Pathologie stammen.
  • Der Betroffene muss bei Bewusstsein sein und seinen Willen äußern können.

Um einer Situation vorzubeugen, in der ein Euthanasieverfahren nicht zugänglich wäre, da der Betroffene nicht mehr die letzte Bedingung erfüllt (Bewusstsein und Willensäußerung), bietet das Gesetz die Möglichkeit für jeden, eine Erklärung über den Euthanasiewillen bei der Gemeinde zu hinterlegen, damit diese – falls das Thema irgendwann mal aktuell würde – zum Tragen kommen kann.

Das Erklärungsformular ist bei den Gemeinden oder im Internet (https://www.health. belgium. be/ de/ gesundheit/sorgen-sie-fuer- sich-selbst/lebensanfang-und-lebensende/sterbehilfe) erhältlich.

Es muss durch den Betroffenen und zwei Zeugen unterzeichnet und bei der Gemeinde hinterlegt werden, damit es in eine Datenbank ein- getragen wird. Alle fünf Jahre muss die Erklärung erneuert werden, sonst verliert sie ihre Gültigkeit.

Weitere Infos

Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie bei uns, auf notaire.be/famille/la-protection-de-mes-proches und auf Deutsch in folgendem Buch.

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